ISSN: 0041-4255
e-ISSN: 2791-6472

Bernard Holtheıde

Keywords: Inschrift, Kyme, Ausgrabung, Archäologie

Seit der Publikation des Korpus der Inschriften von Kyme im Jahr 1976[1] hat sich die Zahl der Neufunde aus dieser Stadt erfreulich vermehrt[2]. Die folgenden Inschriften wurden während der Grabungen und Begehungen von V. Idil in Kyme gefunden.

1. Pyra, Tochter des Apollodoros, ehrt Pyra, Tochter des Matrias (Abb. 1).

Tafel aus phokäischem Stein (Foça taşı), linke Kante abgestoßen, unten abgebrochen.

Höhe 8,8 cm; Breite 36 cm; Tiefe 2,1 cm; Buchstabenhöhe 1,5 cm.

Πυρά ’ Απολλοδώρου

Πυράν Ματρίου

Die Buchstabenformen (A mit gebrochener Querhaste, N und Π mit verkürzter rechter Längsthaste) lassen eine Datierung in die Zeit des nicht zu späten Hellenismus zu.

Die Schreibweise des Namens Πυρά anstelle von Πύρρα ist hier wohl zum ersten Mal inschriftlich belegt[3]. Neu im Onomastikon von Kyme ist der Name Ματρίας.

2. Der Ökonom Apollonides errichtet eine Opferschale für Sarapis (Abb. 2).

Säulenbasis aus hellgrauem Marmor, auf der Standfläche befinden sich fünf Dübellöcher.

Σαράπιδι
’ Απολλωνί —
δης οίκονό —
μος τής
πόλεως
άνέθηхε
τό σπονδεί —
ον

Der Buchstabenform nach gehört die Inschrift in das 1. bis frühe 2. Jh. n. Chr.

Die Inschrift ist ein weiterer Beleg für den Kult der ägyptischen Götter in Kyme,[4] woher auch das am besten erhaltene Exemplar der Isis- Aretalogie überliefert ist[5]. Das Amt des οικονόμος τής πόλεως ist hier zum ersten Mal für Kyme bezeugt. Ihm oblag häufig die Verantwortung für die Errichtung von Standbildern und Weihungen[6]. Im Kult der ägyptischen Götter scheint dem οικονόμος eine besondere Funktion zugekommen zu sein[7]. Die Stiftung einer Opferschale (σπονδείον ist hier in dieser Bedeutung aufzufassen) für Sarapis ist auch aus Ephesos bezeugt[8].

3. Fragment einer Ehreninschrift (Abb. 3).

Profilierte Basis aus grauweißem Marmor, links und oben gebrochen.

[ τα όα] πανήματα.
[ εκπληρφσ] άντα το ε vlei —
[ πον τής χρυ ] σήζ στεφάνης
[απνα] α'ντοπροχώρησαν εϊς την των
[ εργ] ων κατασκευήν

In der ersten erhaltenen Zeile die Ligatur NHM. Die folgenden vier Zeilen wurden von anderer Hand hinzugefügt, die letzten beiden Zeilen laufen über den unteren profilierten Rand. Nach der Buchstabenform läßt sich die Inschrift in das 2. Jh. n. Chr. datieren.

4. Eine unbekannte Körperschaft ehrt Menodoros (Abb. 4).

Platte aus phokäischem Stein, links und oben gebrochen. Höhe 26 cm; Breite 44,5 cm; Tiefe 15 cm; Buchstabenhöhe 2,2 - 2,4 cm.

[ oί ] ανοι Μηνόόωρον Μη —
[ νοόώρ ] ον τον Παρμενείτον άπολιπόν —
[ τα κατ ] ά όιαΰήκην τη γερουσία όηνά -
[ ρια ] κόσια

Die teilweise recht nachlässing ausgeführten Buchstaben lassen eine Datierung der Inschrift ab dem späten 2. Jh. n. Chr. zu.

Menodoros wird von einer politischen Unterabteilung der Stadt oder der Gerusia, die in dieser Inschrift zum ersten Mal für Kyme bezeugt ist, für eine testamentarische Hinterlassenschaft geehrt. Aus den bekannten Namen von politischen Unterabteilungen aus Kyme ergibt sich Jedoch keine Ergänzungsmöglichkeit[9]. Denkbar wäre die Ergänzung [Βλακει]- άvoı nach dem Namen des zu Kyme gehörenden Dorfes Βλακεία[10].

Der Name Μηνόδωρος war bislang für Kyme noch nicht bekannt. Hingegen ist der Name seines Großvaters, Παρμενείτης, für die hellenis-tische Zeit sowohl auf Münzen als auch durch eine Inschrift mehrfach belegt[11]. Mit den Suffixen —τας oder —της gebildete Namen sind im äolischen Raum häufig anzutreffen[12].

Anschrift : Dr. Bernard Holtheide, Seminar für Alte Geschichte, Marstallhof 4, 6900 Heidelberg.

Abbildungsnachweis : Abb. 1-4 Foto V. Idil.
Neben den in den Richtlinien für die Publikationen des DAI genannten Abkürzungen wurden folgende Abkürzungen verwendet: I Kyme — H. Engelmann (Hrsg.), Die Inschriften von Kyme, 1976 Vidman - L. Vidman, Sylloge inscriptionum religionis Isaicae et Sa- rapiacae, 1960.

Footnotes

  1. H. Engelmann (Hrsg.) Die Inshriften von Kyme, 1976.
  2. G. Petzl - H. W. Pieket, Chiron 9, 1979, 73-81 : SEG 29, 1216. E. Atalay · E. Vou- tiras, AA 1979, 58 - 67 : SEG 29, 1218. Th. Drew - Bear, REA 82, 1980, 157 - 161 : SEG 31, 1053. Ders., Epigraphica Anatolica 1, 1983, 89-101 : SEG 33, 1042 - 1044. R. Hodot, The Getty Museum Journal 10, 1982, 165-180 : SEG 32, 1243. H. Malay, ZPE 48, 1982, 260 : SEG 32, 1244. ders., Epigraphica Anatolica 2, 1983, 1-20 : SEG 33, 1040 – 1941.
  3. Zu den Namen auf πυρ— : F. Bechtel, Die historischen Personnennamen des Griechischen, 1917, 392. G. Mihailov, Inscriptiones Graecae in bulgariae repertae IV, 1966, 234 zu Nr. 2240.
  4. L. Vidman, Sylloge inscriptionum religionis Isaicae et Sarapiacae, 1960, 308; 309; 310 : Ikyme 42; 44; 43.
  5. I Kyme 41. Zum Tempel von Isis und Osiris in Kyme: / A. Salac, BCH 49, 1925, 477-478. Zum Kult der ägyptischen Götter in Kyme: R. Salditt - Trapmann, Tempel der ägyptischen Götter in Griechenland und an der Westküste Kleiasiens, EPRO 15, 1970, 37-42.
  6. D. Magie, Roman rule in Asia Minor, Bd. 2, 1950, 1514.
  7. M. Ç. Şahin (Hrsg.), Die Inschriften von Stratonikeia, II, 1, 1982, 1103: [Ή πόλις, ως έχέλευσε|/χαί Σέ[ρα]πις, έρωτά, διά Φιλοχάλου β'οίχονόμο [u], ...
  8. Vidman, 302 : Η. Engelmann - D. Knibbe - R. Merkelbach (Hrsg.), Die Inschriften von Ephesos, IV, 1980, 1213. Zur Bedeutung der Opferschale in der Sarapisliturgie: W. Hornbostel, Sarapis. EPRO 32, 1973, 286-290.
  9. Die politischen Gruppierungen: I Kyme 17; 32; 55.
  10. I Kyme, T 24-26.
  11. I Kyme, T 194. Th. Drew - Bear, Epigraphies Anatolica 1, 1983, 89. Dort auch weitere Literatur zu dieser Namenform.
  12. F. Bechtel, Aeolica, 1909, 24.