In memoriam Herbert Müller
Das Dorf Habibuşağı liegt in der fruchtbaren Ebene des Euphrates nahe an der Brücke Kömürhen. Westlich des Dorfes des breiten und grünen Tales befindet sich die Dörfer Kadıköy, İmikuşağı, Bilaluşağı und Kaleköy. Pirot und Gökçer (Köşkerbaba) sind die wichtigste Orte am anderen Ufer des Flusses[1].
Die alte, heute geflutete Brücke zwischen Malatya und Elazığ liegt and der Stelle ca. 50 km von beiden Städte entfernt, wo sich die Gendarmeriewache befindet, während die Neue etwa 30 m südlich von der alten Brücke über das Wasser führt. Von hier ging ein Verkehrsweg zu den erwähnten Siedlungen am linken Euphratufer. In der älteren Literatur wird die Gegend Izolu oder İzoligenannt [2].
Die als Yazihkaya Tepesibezeichnete Kale (Burg) [3] erhebt sich am Südwestrand des Dorfes Habibuşağı, heute unter Wasser (Zeich. 1 Abb. 1) [4]. Die ersten neuzeitlichen Erwähnungen finden sich schon in derRciseliferatur des tg. Jhs. n. CHR [5] sie beziehen sitil vor allem auf die Felsinschrif Sardur und die Ortslage ı٦a٠٦e del’ alten V’erkehrsverbindtmg zwischen Tomisa und Harput. Intensive Forschim.gcn über die Siedlung auf dem Felsen begannen erst im Rahmen des ٨şağı-Fırat-Projektes[6].
Die Kale er ebt sich an dieser Stelle auf 713.73 m Höhe über dem Meeresspiegel und 84 m über dem Talniveau der Euphratebene. Ihre strategische Eage ist bedeutend, besonders wegen einer in der Nahe lokalisierten antiken Euphratfuhrt. Dieser Flussübergang sowie die gesamte fruchtbare Ebene liess sich von ihr hervorragend kontrollieren (Abb. 2). Der Burghügcl ist von den sich i,n Norden ausdehnenden Bergen ebenso wie vom Hartepe im Westen durcli einen tiefen Taleinschnitt getrennt.
Di(‘ exponierte Lage der Kale wird durch an allen Seiten steil abfallende Felsen gebildet (Zeich. 2 Abb. 3-4), die auf der Südseite Bache '!'errasen liilden. Auf der Kale dehnt sich ein breites Plateau aus, auf dessen Nordwestseite eine Siedlung liegt. Die Kale besitzt zwei Felsentunnel (Abb 5-6) [7]; der südliche führt vom Plateau aus, der nördlich(‘ vom Hang in den Berg hinein. Den südliehen Tunnel erreicht man über in die Felsenwand geschlagene Treppen, die zu seinem Eingang hinabfiihren (Abb. 7) [8]. An der Südostseite der Kale befindet sich eine aus dem reis gearbeitete geglättete Fläche, die den bekannten Keilschrifttext trägt (Abb. 8٠g) [9].
Survcyforschungen in der Umgebung haben Keramikfunde ergeben, die ebenso wie die bei Grabungen auf der Kale gefundene Scherben in die frühe Eisenzeit datiert werden können [10]. Dagegen haben sich kleinerlei antike Mauerreste gefunden[11].
Bevor ich mich nun den Grabungsergebnissen der im Dorf gelegenen Nekropole zuwende, möchte ich kurz auf die Grabung auf der Kale eingehen.
Auf dem Plateau stiessen wir bereits nach 20 cm unter dem Boden auf nackten Fels. Die aus dem Felsen geschlagenen kleinen schalenförmigen Vertiefungen und grösseren Gruben erweisen diesen Teil des Plateaus als offenen, nicht überbauten Platz (Abb. 10). Die nördliche Grube hat eine annähernd rechteckige Öffnung von 2.45 x t .35 m und ist 2.15 m tief (Abb. 11). Südöstlich von ihr in 5.5 m Entfernung befindet sich die zweite Grube. Ihre kreisförmige Öffnung hat einen Durchmesser von 1.80 m und sie ist bis zu 2 m tief (Abb. 12). Die grossen Gruben dürften ähnlich wie die von
Yesilalıç [12]zur Vorratshaltung gedient haben [13]. Die schalenartigen Vertiefungen dagegen waren anscheinend zum Abstellen tragbaren Kannen gemacht worden (Abb. 13a, b) [14]. Im nordwestlichen Teil des Plateaus befindet sich auf einem Areal von 12 m2 Raubgrabung (Abb. 14a, b). In ihr kamen I ehmziegelmauerreste von bis zu 2 m Hohe zutage; jeder Ziegel hat die Masse von 26x10 cm. Die Schatzsucher durchbrachen die Maur und gruben liinter ihr eine Hohle aus dem Boden.
Inder ersten Kampagne imjahre 1982 wurde eine Grabungsflache von 4x10m gegraben (Abb. 15a, b). Dabei stiessen wir auf die Reste zweier Mauern, die am Südrand spitzwinkelig Zusammentreffen, die eine zum nördlichen, die andere zum nordwestlichen Rand fortlaufend (Abb. 16). 111 re Fundamente bestehen aus Steinen von 50 bis 60 cm Breite, die durch Mörtel gebunden waren. Aus Zeitmangel konnten wir nocli tiefere Schicliten nicht freilegen. Keramikfunde sowohl in der Raub- als auch in unserer Versuchsgrabung, darunter typisch urartaische Stucke [15], gehören nach Ansicht von Öğün zwei verschiedenen Besiedlungsphasen der Eisenzeit an[16].
DIE UNTERSUCHUNG DER NEKROPOLE
Die Nekropole, ca. 300 in nördlich der Kale, diente oflenscihtlich deren Bewohnern als Bestattungsplatz (Zeich. 1). Als Grabungsarreal wurde in Platz von der Scheune des Nazmi Bakış ausgewählt (Abb. 17) [17]. Da die Grabung auf einer Fläche von 2 x 10 bis 20 cm Fiele keine Ergebnisse brachte, wurde sie nach Norden hin auf einem ca. 2 m höher liegenden Bodenniveau fortgesetzt. Die Tonerde ist von kleinen Steinchen durchsetzt. Die Versuchsgrabung an dieser Stelle dehnte sich 2.90 x 2.10 m aus (Zeich. 3). In ca. 70 cm Tiefe fanden sich unregelmässige Steinhaufen. Einzelliegende Steine wurden entfernt, aufeinandergeschichtete in situ belassen (Zeich. 4 Abb. 18). Irn Ost teil des Grabungsarreal legten wir in ca. 1.20 m Tiefe eine grosse Schale frei, die mit der Öffnung nach unten auf dem Boden stand (Zeich. 3-4 Abb. 19). Ein von dieser Schale 90 ern in Nordwestrichtung entfernter Steinhaufen bedeckte eine Urne mit zwei Henkeln. Auf die Öffnung der Urne ist als Deckel eine Schale gestülpt, die unterhalb ihres äusseren Randes durch zwei Rille verziert ist (Zeich. 3-4 Abb. 20a, b). 55 cm östlich der Urne fanden wir auf einem um c. 65 cm tieferem Niveau ein ähnliches Grab mit einer Lanzenspitze als Beigabe ؛Zeich. 3-4 Abb. 18).
Die Gräber lassen weder hinsichtlich ihrer horizontalen noch vertikalen Verteilung eine Ordnung erkennen (Zeich. 3-4 Abb. 18). Gleich den urartäischen Nekropolen von İğdır, Liç und Adilcevaz[18] sowie der ausserurartäischen Nekropole in Assur[19] stehen die Urnen hier in senkrechter Position statt zu liegen [20]. Dieser Befund lässt darauf schliessen, dass die Urnen -wie in der hethitischen Nekropole von Ihca[21]- in Vertiefungen eingesenkt und dann mit Steinhaufen überdeckt worden sind. Die Steine dienen dazu, die Graburne zu verdecken, während die Urne selbst Asche bzw. Knochenreste des Verstorbenen barg. Die engsten Parallelen zu dieser Grabformen finden sich in dem schon genannten İğdır[22]. Die Urnengräber von Liç und Adilcevaz hingegen weisen hierzu einige Unterschiede auf[23].
Sowohl in Adilcevaz und als auch in İğdır sind die Urnen auf verschiedene Weise in den Erdboden gesetzt: Man fand sie isoliert [24] oder in Gruppen vereint [25], aber auch in Kammergräbern neben den Skelettresten vor[26]. Die verschiedenen Urnenstellungen konnte man ausserdem auch in phrygischen Nekropolen feststellen[27].
Eine Gemeinsamkeit der Bestattungen in den urartäischen Nekropolen bzw. in der Nekropolen von İğdır und Liç[28] besteht darin, dass eine auf die Öffnung der Urne gestülpte Schale als Deckel dient (Zeich. 4 Abb. 18, 20a). Für diese Bestattungsform, die sich auch in den eisenzeitlichen Gräbern in Assur[29]und im Iran[30] findet, kommen als Vorbilder die hethitischen Gräber von Ihca und Osmankayasi [31]in Frage.
Bei der zulezt genannten Urne in unserer Nekropole von HABİBUŞAĞI lallt ein loch an der Gefässschultern auf (Abb. 21). Eine unabsichtliche Verletzung der Gefässwand scheidet aus, so dass man den Zweck dieser Öffnung erkunden muss. Die Locher kommen an mehreren Urnen vor, sowohl auf dorr Schultern als auch am Bauch der Gefässe, die aus Ton oder Bronze gefertigt sein können. Gelegentlich finden sich auch zwei Locher, jedoch niemals mehr haben [32]. Das Phänomen ist in der Bestattungstradi- tion von der frühen Bronzezeit bis in die urartäische Epoche in Kleinasien bezeugt [33]. Barnett erklärt die locher wie flogt: "... apparentlyfor the soul ،٠emerge. [34]. Seine Theorie erhält eine Stutze durch bildliche Darstellungen, die uns auf weissgrundigen Lekythen aus Griechenland überliefert sind[35]. Auch dieser .Jenseitsglaube, der Itinter diesen künstlerischen Darstellungen stellt, verstärkt die Beziehungen zwischen östlichen und westlichen Vorstellungen [36]د
Wahrend in Grab t und 3 die Kremationsreste in Urnen aufliewahrt werden, weicht der Bef’und in Grab 2 liiervon ab: eine grosse Tonschalc ist mit der Öffnung nach unten über die Aschenreste gestülpt (Abb. ¡9). Gleichzeitige Parallelen fiir diese Erscheinung finden sich in Grabern von Assur[37] Das älteste Beispiel dafür ist nach unserem heutigen Kenntnisstand ein Grab in Seh Gabi bei Godin Tepe im Iran [38]. Es muss indessen betont werden, dass in den assyrischen und in de^ iranischen Gräbern die Schale nicht über Aschenreste, sondern über Skelette gestülpt ist.
Die Urnen von Habibugr weisen verschiedene Formen auf (Zeich. 5ل7). Gemeinsam ist ihre Gefässwanddicke. Die Tonerde enthalt kleine Steinsplitter, groben Sand und auch noch wenig Mika. Die Farbe variiert von hellbraun bis hellrötlichbraun. Der Vergleich der Befunde in Adilccvaz, LİÇ, Igdir und Dedeli zeigt, dass Urnen und andere gefasse, die als Grabbeigaben vorkommen, dieselben Formen aufweisen können. Es handel( siel, also bei den als Urnen verwendeten Gelassen lieht nm eine spezifische Urnenform, sondern Gelasse des täglichen Gebrauchs, die auch für die Bestallung der 'loten benutzt wurden. Gleiches ist für flie liethitischen Urnenfelder typisch[39].
Während die Urneti- und die Kammergräber, welche in anderen urartäischen Nekropolen freigelegt wurden, mit zahlreichen Grabbeigaben ausgestattet sind [40], kommt in Habibusagr nur eine einzige Lanzenspitze vor (Zeich. 4, 11 .Abb. 18). Allerdings zeigte uns ein Dorfbewohner ein Schwert, welches er vor 10 Jahren in derselben Nekropole gefunden hatte. Die Lanzenspitze befindet in gutem Erhaltungszustand. Die Schwertklinge dagegen ist u-förmig umgebogen I S. Anin. 1 7 Zeit h. لo Abb. 25), so dass wir zu folgendem Ergebnis kommen: Wie man schon in anderen urartäischen Nekropolen beobachtet hat[41] wurden die Begaben entweder unverändert beigegeben oder in irgendeiner Weise zerstört, bevor man sie in das Grab legte. Auch dies ist ein anatolischer Einfluss aul' urartaische Bestattungs- brauche[42]. Nach unseren Kenntnissen der Befunde urartäi- scher Gräber sintl die Beigaben, die sowohl in den Grabkammern als aucli in und um die Urnen herum plaziert waren, iliren Art und Anzahl nach ein Gradmesser für die soziale Rangstufe des Verstorbenen. Dasselbe gilt die hcthitischen [43]und phrygischen'[44] Brandgräber.
Knochen- und Aschenreste fanden sich allein in der Urne des Grabes 3 (Abb. 2 t). Unter der mit Öffnung nach unten aufgesetzten Schale (Grab 2) stiessen wir ebenso wie bei Grab I statt auf Knochen- oder Aschenreste auf feinkörnige Erde. Ein '!’eil dieser Erde zeigt helle, beinahe weisse Färbung. Es ist anzunehmen, dass die Verfärbung aus der Vermischung von Erde und Asche herrührt. Ob die Toten, wie bei den Phrygern[45] zusammen mit ilircr Kleidung und ihrem Schmuck verbrannt wurden, lasst sich eindeutig beantworten. Man kann nicht sagen, dass Z.B. der Schmuck in den Urnen von Adilcevaz verbrannt wurde, !.edigliclt in einem von uns entdeckten Kammer.grab in Dedcli, worin auch Urnen vorkommen, fandan W'ir Skelette, die mit Kleidung und Schmuek bestattet wurden waren [46]. Dass die Urnen in Habibu? g sowohl Knochen- als auch Aschenrestc enthalten, überrascht nicht, sondern findet Parallelen in den Nekropolen von Adilcevaz, Dedeli und 1,İÇ. Daraus ergibt sich, dass man die sterblichen Überreste mit unterschiedlichen Hitzegraden verbrannte [47]wodurch in dem einen Fall die Knoclien ganz, in dem anderen nur teilweise oder kaum verbrannten. Die Untersuchung der Knochenreste aus der Urne von Grab 3 hat ergeben, dass sie einem erwachsenen Mann gehörten [48]م. Zu diesem Ergebnis passt auch die Grabbeigabe einer Lanzenspitze.
Der in HABİBUŞAĞI herrschende Bestattungsbrauch ist die Kremation. Auf den ersten Blick entspricht dies der von Tahsin Özgüç geausserten Annahme "...Urartu büyüklerinin ceset olarak, halk da yakıldıktan sonra küllerinin urneler İçinde gömüldüğünü öğrenmiş bulunuyorum.”٠ [49] Aber nur durch diese Auffassung von Özgüç dürfen wir nicht schliessen, dass die Urnengräbern von HABİBUŞAĞI nur Armenleuten oder Sklaven gehörten [50] Den genannten Hypothesen widerspricht insbesondere der Befund der nekropole von Lic, wo wir es mit Kammergräbern, mit Urnengräbern und daneben mit einfacher Erdbestattung zu tun haben[51]. Durch die Beigaben ist die Nekropole von Lic eindeutig als urartäisch ausgewiesen. Ein ähnlicher Befund ist auch in Igdir[52] und Adilcevaz[53] festzustellen. Im übrigen erfahren wir aus Inschriften des 2. Jts [54]. und aus der Ilias [55], dass die I-eichnamen, auch hohergestelter Personen verbrannt wurden. Durch die neuen Ausgrabungen der urartäischen Nekropolen erfahren wir, dass Urnen und Korperbesattungen in den Kammergräbern nebeneinander vorkom-
men [56] und diese sind, den Grabbeigaben nach zuschliessen, königlichen oder adeligen Familien zuzuordnen, wie aus den urartäischen Prinzgräbern von Altintepe und vielleicht von Alisar und Kayahdere hervorgeht[57]. Daraus ergibt sich, dass bei den Urartäern die verschiedenen Bestatutngsweisen, Kremation- und Körperbestattung, jedenfalls nicht mit sozialen Unterschieden zu deuten sind. Welcher Glaube dahintersteht, dass man bald diese und bald jene wählte, lässt sich nicht beantworten. Beide Bräuche kommen bei den Bewohnern Anatoliens des 2. Jts. [58] gleichzeitig vor [59]. Für die Gräber von Habibuşağı deuten die vergleichsweise geringen Grabbeigaben auf einfache, sozial tieferstehende Grabherren hin.
In der gesamten Bestattungssitte steht die Nekropole von Habibuşağı den Nekropolen von Adilcevaz, Dedeli, Liç und İğdır zur Seite, gehört freilich einer älteren Epoche als dieser an. Den einzigen Unterschied erkennen wir darin, wie die Urnen aufbewahrt wurden.
Wir haben festgestellt, dass die urartäischen Bestattungsbräuche, wie sie von Alisar[60] und Nor-Aresh[61] aus dem nordöstlichen Gebiet der Urartäer schon bekannt waren, mit denen von Habibuşağı, also dem westlichen Gebiet und auch mit anderen Orten auf dem urartäischen Staatsgebiet identisch sind. Wir besitzen inschriftliche Zeugnisse dafür, dass es schon bei Hurritern und Hethitern Kremation gegeben hat. Aus früh- hethitischer Zeit sind zwei Nekropolen bekannt, in denen Kremation vorkommt: Osmankayasi und Ilıca. Wir haben oben schon festgestellt, dass die Bestattungsbräuche in den erwähnten Stätten mit denen der urartäischen Nekropolen grosse Ähnlichkeit aufweisen. Trotz des grossen zeitlichen Abstandes zwischen beiden Kulturen kommt damit die enge Beziehung zwischen ihnen auch bei den Bestattungsbräuchen deutlich zum Ausdruck. Gleiches lässt sich anhand von anderen Befunden, wie z.B. Scherben, Siegeln und Nadeln, nachzuweisen. Andererseits kommt die Sitte der Kremation nicht nur bei Hurritern, Hethitern Urartäern und Phrygern in Anatolien vor, sondern auch in Troja[62] und -im selben Bereich- in
Neandria[63], im archaischen Thymbra[64], im südwestlichen Anatolien bzw. in Kariert bei den mykenischen Gräbern [65], in der protogeometrischen und geometrischen Epoche auch in lassos[66]. Daneben aber gibt es auch eisenzeitliche Stätten in Kleinasien w ie z.B. Karkamis [67], Devehöyük [68] und Elmah-Karaburun [69], die uns zeigen, dass die Leichenverbrennung auch in diesen Gebieten verbreitet war.
DIE ERGEBNISSE DER KLEINFUNDE IN DER NEKROPOLE VON HABİBUŞAĞI
Das wenige Fundgut von HABİBUŞAĞI kann in kürze behandelt werden: Die Tongefässe sind alle handgemacht und gut gebrannt. Die Wandung ist dick, der ٦٩on enthält kleine Steinchen und wenig Mika, die Glasurfarbe variiert von hellbraun bis hellrötlichbraun. Die als Urnendecke! benutzten Schalen und die grosse Schale (Zeich. 7-9 Abb. 22-24) mit unter dem .Mund parallelen laufenden Ringen sind den früheisenzeitlichen Gefässen aus Altinova sehr ähnlich[70]. Bei den Urnen und Schalen von HABİBUŞAĞI fällt auf, wie stabil und fein gearbeitet sie trotz Handarbeit sind. Auf Grund der Annahme von Winn datieren die Gefässe von HABİBUŞAĞI in die späte Phase der frühen Eisenzeit[71]. Dagegen zeigen erst kürzlich im Asagi-Firat-Gebiet ausgegrabene Scherben, dass sich die Verzierung der parallelen Rillen unter dem Gefässmund auch in die mittlere Eisenzeit fortsetzt[72]. Allem Anschein nach geben die horizontalen Rillen kein genaues Datierungskriterium. Eine genauere zeitliche Einordnung erlaubt degegen die Untersuchung der Beigaben, insbesondere des schon erwähnten Schwertes (Zeich. 42 Abb. 25)[73].
Charakteristisch für das Schwert ist die Arbeit des Griffes. Sowohl um die Längseiten des Griffes selbst als auch um die Griffzunge ist zur Versteifung ein Bronzebandbeschlag angebracht (Abb. 26). Vergleichbare Schwerter kennen wir nur aus dem urartäischen Gebiet. Vier von ihnen sind in Karmir-Blur gefunden worden [74]. Ein anderes Schwert bzw. ein Dolch, der von uns selbst in einem Kammergrab in Dedeli gefunden wurde, zeigt an der Griffzunge genau denselben Beschlag (Zeich. 12 Abb. 27) [75]. Eine enge Parallele hierzu befindet sich heute im Museum von Berlin[76], eine weitere in einer unbekannten Privatsammlung [77] Beide wurden mit Gewissheit aus urartäischem Gebiet herausgeschmuggelt. Neulich habe ich ein Photos von drei entsprechenden Schwerte gesehen, die in Museum Elazığ aufbewahrt sind[78]. Ein im Museum von Adana aufbewahrtes Schwert (Zeich 13) [79]findet seine Parallele in Karmir-Blur[80] und kann auf Grund dieser Ähnlichkeit als von einem urartäischen Handwerker hergestelltes Stück gelten. Die Beispiele haben gezeigt, dass der Metallbeschlag an den Schwertgriffen in dieser Form ein urartäisches Charakteristikum ist, das bei Funden über den ganzen urartäischen Raum verteilt vorkommt. Ähnliche Schwerter aus Transkaukasien bzw. aus Samthavro[81] zeigen gerade beim Griffbeschlag so enge Verwandschaft, dass man auf Handarbeit urartäischen Ursprungs schliessen kann[82].
Das Schwertes von Habibuşağı findet seinen Platz ganz deutlich in einer Reihe mit den oben erwähnten Schwertern. Damit stellt sich die I'rage, wie lange die Urartäer in Habibuşağı gesiedelt haben. Die Antwort gibt die Inschriftentafel am Südosthang der Kale. Es handelt sich um den Bericht eines Feldzuges, den Sardur, Sohn des Argisti, gegen den König von Meliteia Hilaruuanda, Sohn des Sahu, gefiirt hat[83]. In diesem Bericht ist die Tatsache von grosser Bedeutung, dass Sardur sich als den ersten urartäischen König darstellt, der den Euphrat überschreiten und bis auf dieses Gebiet vordringen konnte[84]. Nach Meinung der Epigraphiker hat Sardur diesen Feldzug vor 743 unternommen[85]. Es wird sogar ein Datum zwischen 754 und 753 vorgeschlagen[86]. Wenn man dieses Datum akzeptiert, kommt für die Kleinfunde von der Nekropole in HABİBUŞAĞI die Mitte des 8. ٠Jhs. als lerminum post quem in Betracht.
Katalog der Grabfunde von Habibuşağı
Amphora (Zeich. 5): In Grab 1 diente als Urne; Inv. Nr. 1982.15.
Im Bruch hellrötlichbrauner Ton. 26 x 11.7 x 9.5 cm.
Der Ton enthält kleine Steinchen, wenig Sand, Kalk und Mika. Handgemacht, gut gebrannt[87], leicht hellbraun geglättet. Auf den Schultern des Gefässes befinden sich zwei Henkel, welche die Amphora charakterisieren. Ähnliches findet sich unter den Funden aus Kordlar Tepe [88], Norşun Tepe [89], Değirmen Tepe[90], Hasanlu[91] und Baba Jan[92]. Meiner Meinung nach stammen zusammen mit dem vielleicht ältesten Beispiel aus Kordlar Tepe alle Gelasse aus der Eisenzeit[93] Dem steht das Beispiel aus Norşun Tepe durch seine Hals- und Mundform der Amphora von Habibuşağı ganz nahe.
Schale (Zeich. 8 Abb. 22): In Grab 1 diente sie als Urnendeckcl. Elazığ, Archäologisches Museum. Inv. Nr. 1982.10. Hellbrauner Ton, 9.8 x 11.6 cm.
Der Ton enthält feinen Sand und wenig Mika; im Bruch sieht man kleine Steinchen und Kalk. Handgemacht, gut gebrannt, horizontal gerillt.
Rund profilierte und horizontal gerillte Schalen findet man unter den Tongefassen aus dem Gebiet Alttnova[94]. Die in der früheisenzeitlichen Schicht von Norşun Tepe vorkommende Schalen[95] sind gute ١'ergleichsstücke für unsere Schale.
Grosse Schale (Zeich. 7 Abb. 23): Aus Grab 2. Elazığ, Archäaologisches Museum. Inv. Nr. 1982.9. Hellbrauner Ton. 15 x 35.5 x 15 cm.
Der Tor, enthält feinen Sand, wenig Steinchen und Mika. Gut gebrannt, leicltt geglättet, horizontal gerillt.
Gelass ؛Zeich. 6 Abb. 28): In Grab 3 diente es als Urne. Elazig, Archälogischcs niusum. Inv. Nr. 1982.8. Hellbrauner Ton. 30.3 X 13.4 cm.
Der 'Ion enthalt feinen Sand. Handgemacht, gut gebrannt.
Unter den publizierten Tongefässen itt Kleinasien trifft man auf kein entsprechendes Beispiel[96]. Nur ein einziges Beispiel aus Azarbeycansgebiet konnte man besonders durch seine Halsform damit vergleichen.
Schale (Zeich. 9 Abb. 24): In Grab 3 diente sie als Urnendcckel. F.lazig, Archäologisches Museum. Inv. Nr. 1982.9. Hellbrauner Ton. 13 x 24.5 cm.
Der Ton enthält feinen Sand und wenig Mika. Gut gebrannt; Handgemacht und horizontal gerillt.
Die ähnliche Parallele der Schalenform von Habibu- sagi findet man unter den Tongelassen von Norsun I epe, die in die Früheisenzeit datiert werden[97]. Zwei andere Exemplare, eine davon aus demselben Gebiet bzw. aus Imikusagt[98] andere aus dem Zentralgebiet der Urartäer bzw. aus Dedeli [99], weisen darauf hin. dass solcher Gefasstyp auch in der laufenden Zeit hergestellt worden
I.anzcnspitze (Zeich. 1 1 Abb. 29): Wurde in Grab 3 als Beigabe gestellt. Elaztg, Archäologisches Museum. Inv. Nr. 1982.12. Eisen. 35.4 cm. lang.