Der römische Feldherr Pompeius, der zwecks Beendigung des dritten Mithridatischen Krieges (74-64 v.Chr.) nach Kleinasien kam, hat nach Besiegung des Königs Mithridates VI Eupator (111-63) im Jahre 64 eine Neuordnung Kleinasiens begonnen, die auch das Gebiet Galatiens betraf. Über die Tolistobogier, einen der drei in Galatien ansässigen Stämme, setzte er Deiotaros ein, während er über die Tektosagen Kastor Tarkondarios und über die Trokmer Brogitaros zum Tetrarchen ernannte. Lediglich Deiotaros bekam den Königstitel[1], der im Jahre 59 vom römischen Senat bestätigt wurde[2]. Pompcius hat diese Fürsten unter den in Galatien lebenden zwölf Tetrarchen-Geschlechtern ausgewählt[3]. Deiotaros hatte zu seiner Herrschaft über die Tolistobogier von Pompeius noch einige Teile von Pontos, etwas später auch Kleinarmenien erhalten. Schliesslich gelang es ihm noch zu Lebzeiten des Pompcius, fast ganz Galatien in seiner Hand zu vereinigen[4].
Deiotaros kämpfte im Jahre 48 in der Schlacht von Pharsalos auf der Seite von Pompeius und nahm persönlich an dem Krieg als Führer der 6000 Reiter teil[5]. In der Schlacht von Zela im Jahre 47 half er dem aus Ägypten in Kleinasien eingetroffenen Caesar. Nach dem Sieg machte er sich mit diesem zusammen nach Westanatolien auf den Weg. Obgleich ihm Caesar nicht unfreundlich gesonnen war, gab er trotzdem in Nikaia bei einer Neuordnung den Kappadokiern einen grossen Teil von Kleinarmenien und seinem Freund Mithridates von Pergamon einen Teil von Galatien, der den Trokmern gehörte[5a]. Nach dem Tod des Mithridates schloss Deiotaros diese Länder wieder an Galatien an[6].
Nach der Ermordung Caesars im Jahre 44 beliess Μ. Antonius den Stand Galatiens in der bisherigen Form, in der Überzeugung, dass er in Zukunft Freunde im Osten brauchen werde, und stellte sich mit der Regierung des Deiotaros in Galatien bis zu dessen Tode im Jahre 41 oder 40 gut[7]. Nach dem Tode des Deiotaros wurde Kastor, der Sohn des Tetrarchcn Kastor Tarkondarios, wieder durch Antonius in Galatien zum König eingesetzt. In derselben Zeit hat Kastor nach dem Tode des Prinzen Attalos auch das Land Paphlagonien besetzt, und dieser Zustand wurde vom römischen Senat bestätigt[8].
Amyntas, dessen Münzen das Thema dieses Aufsatzes bildet, ist der König, der nach Kastor’s Tode im Jahre 37/36 in Galatien auf Wunsch des Triumvirn Μ. Antonius zur Herrschaft gebracht wurde[9].
Den Amyntas lernen wir in Galatien zum ersten Mal als Schreiber des Königs Deiotaros I und seinen Helfer in der zivilen und militärischen Verwaltung kennen[10]. Er selbst stammt an sich nicht aus Galatien. Er war ein reicher und mächtiger Herr, der seine Ländereien in seinem Vaterland Pisidien zwischen Antiochia und Apollonia Mordiaeion von seinem Vater geerbt hatte[11]. Der Feldherr der aus Galatien gesandten Hilfstruppen, die im Jahre 42 von Deiotaros I zu dem Caesaren-Mörder Brutus gesandt wurden, ist Amyntas gewesen[12]. Aber ebenso wie auch manche Truppen aus anderen Stämmen trat er mit seinen Soldaten noch vor der Schlacht von Philippi auf die Seite des Antonius und des Octavian über[13].
Anschliessend sehen wir Amyntas als König von Pisidicn. Antonius belohnte ihn mit dieser Stellung als Dank für seine Hilfe in der Schlacht von Philippi und auch in dem Bewusstsein, dass nach Vertreibung der Parther aus Syrien und Kleinasien bis Ionien hinein im Jahre 40 eine Neuordnung des Gebietes erforderlich sei. Nach den Verträgen von Brundisİum (40 v.Chr.) und Misenum (39 v.Chr.), die Antonius mit Octavian abschloss, hielt sich der erstere während des Winters 40/39 in Athen auf und kam nach der Lösung des Partherproblcms nach Syrien zurück, wo er im Jahre 39 neben anderen Ernennungen[14] den Amyntas in Pisidien zum König einsetzte in der Absicht, dass dieser die in Pisidien lebenden barbarischen und plündernden Stämme bekämpfe[14a].
Im Jahre 37 schloss Antonius mit Octavian den Vertrag von Tarent ab und kehrte nach Syrien zurück. Hier verwirklichte er im Jahre 36, vor seinem gegen die Parther geplanten Kriege, manche Umordnungen in Kleinasien, wobei Amyntas, König von Pisidien, im Winter 37/36 anstelle eines der Söhne des inzwischen verstorbenen Königs Kastor von Galatien auch dieses Königreich erhielt (Magie, a.O. 434). Bei dieser Gelegenheit schloss er Lykaonien, Isaurien und Teile von Pamphylien dem Königreich Galatien an[15], sodass sich sein Reich von den nördlichen Bergen Galatiens bis zur Küste des Mittelmccres erstreckte. Das von Pamphylien abgetrennte Land war der östliche Teil dieses Gebietes, der den Hafen von Side einschloss. Mit dieser Massnahme wollte Antonius die Hilfe seines Bundesgenossen Amyntas durch die Land-und Seestrasse sichern[15a]. Ebenso brauchte Amyntas anlässlich seiner Kämpfe in den Taurusgebirgen für seinen Nachschub einen Hafen[16].
Anschliessend erhielt Amyntas den Auftrag zur Verfolgung des Sex. Pompeius, der im Jahre 35 aus Mytilcne in Kleinasien gelandet war[16a]. Er hat auch im Jahre 31 an der Schlacht von Actium teilgenommen[17]. Aber da Amyntas vor der Scldacht auf die Seite Octavian’s überging[18], liess ihm Octavian, der nach dem Sieg Alleinherrscher wurde, das Königtum von Pisidicn und Galatien in der bisherigen Form und schloss sogar den westlichen Teil bzw. das gebirgige Kilikien diesen Königtümern an[19]. Amyntas hat also bis zu seinem Tod seine Besitztümer immer zu bewahren gewusst, indem er während der Kriege von der schwächeren auf die stärkere Seite überging.
In den Jahren 30-25 war Amyntas mit der Bekämpfung der Stämme, die aus den kilikischen und pisidischen Bergen plündernd in die Ebene herunterstiegen, beschäftigt. Seine letzte Aufgabe war der Kampf gegen die Homonadenser, die im Westen und Südwesten von Isaurien in den Taurusgebirgen lebten und den stärksten der dort lebenden Stämme darstellten[20]. Sic bedrohten den Landweg zwischen Lykaonien, Isaurien und dem Hafen von Side, der ein den Reichtum der Stadt Side sicherstellendes Element war (Magie, a.O. 261). Amyntas bestzte einen grossen Teil der Länder dieses Stammes und tötete seinen Führer (Antipater). Aber als er selbst in einem dieser Kämpfe im Jahre 25 gefangengenommen und getötet wurde, endete das Königreich Galatien. Augustus richtete eine neue Provinz ein, indem er den Hauptteil Galatiens mit Lykaonien zusammenlegte[21]. Das gebirgige Kilikien w'urde dem König Archelaos von Kappadokien übergeben. Das Schicksal von Pamphylien ist ungewiss[22].
Deiotaros (64-40) ist der erste unter den Königen von Galatien, der Münzen geprägt hat. Seine bisher bekannte Münzprägung ist aus Bronze[23]. Die von Brogitaros, der von Pompeius die Führung der Trokmer erhielt, einzig bekannte Münze ist aus Silber[24]. Auf den Münzen der beiden Könige ist der Königstitel angebracht.
Die ersten Münzen des Amyntas sind ebenfalls aus Bronze[25] und wurden teilweise in der pisidischen Stadt Kremna geprägt, die ihm Antonius im Jahre 39 anlässlich seiner Ernennung zum König von Pisidten überlassen hatte[26]. Ein Teil dieser Münzen trägt seinen Namen und den Königstitel, ein anderer lediglich den Stadtnamen und ein Monogramm. Der Beweis für die Zugehörigkeit der letzteren zu den Königsmünzen beruht auf der Gleichheit der Typen sowie der Auflösung des Monogrammes als B [ΛΣΙΛΕΩΣ] AMYNTOY[27].
Die Goldmünzen des Königs Amyntas, die als Stater und Hekte geprägt sind und deren Typen den Silbertetradrachmen gleichen, werden im allgemeinen als moderne Fälschungen angesehen[28].
Die eigentlich wichtigen Amyntas-Münzen sind die Silber - Tetradrachmen, die mit den gleichen Typen und dem gleichen Gewicht von der Stadt Side, der bedeutendsten Stadt seines Königreiches, geprägt wurden. Die Vorderseite dieser berühmten Tetradrachmen-und Drachmen Prägung von Side zeigt den nach rechts gewendeten Kopf der Stadt-Hauptgöttin Athena in korinthischem Helm mit drei Büschen. Der Tempel dieser Göttin, der in einem Stadtteil (heute Memerlik) lag, von dem man den ganzen Hafen überblicken konnte und WO auch der Apollontempel stand, wurde bei den Ausgrabungen in den Jahren 1947-1967 (A. Μ. Mansel, Die Ruinen von Side 77) gefunden. Auf der Rückseite dieser Münzen ist die Siegesgöttin Nike dargcstellt, mit Chiton und Himation bekleidet, nach linkshin manchmal schnell, manchmal langsam laufend. In der rechten nach vorn gestreckten Hand hält sie einen Kranz, ihre linke Hand fasst das Himation, welches ihre Hüften umwickelt und dessen Spitzen auf der linken Seite heruntcrfallen. Auf der linken Seite sind im Feld das Symbol der Stadt, ein Granatapfel (= Side) sowie die ersten zwei, drei oder vier Buchstaben der Namen des jeweiligen Jahresbeaniten (Tafel I A-H, Tafel II I-K) angebracht. Auf einigen der frühen Emissionen stehen neben dem Beamtennamen auch Symbole wie Heim, Kranz oder Blitzbündel.
Nach der noch vor kurzem vertretenen Meinung der Numismatiker begann die Tetradrachmen-Prägung in Side im Jahr 190 v.Chr. und endete 36 v.Chr[29]. Das Jahr 190 ist das Datum der Schlacht von Magnesia ad Sipylum (heute Manisa), die zwischen dem fast ganz Kleinasien beherrschenden König Antiochos III (223-187) von Syrien und den Römern geschlagen wurde[30]. Durch seine vernichtende Niederlage musste der König im Vertrag von Apameia (heute Dinar) auf seine gesamten Besitzungen nördlich des Tauros verzichten. Da Rom vor diesem Krieg denjenigen Städten, die auf seiner Seite stünden, die Autonomie versprochen hatte, prägten nach dem Vertrag von Apamcia ungefähr 40 Städte zur Feier ihrer Autonomie Silbertetradrachmen[31].
Der vorerwähnten Meinung vom Beginn der Tetradrachmen- Prägung in Side hat vor einigen Jahren H. Seyrig[32] widersprochen und den Beginn der Prägung in das Jahre 205 und das Ende in das Jahre 190 gesetzt. Böhringer[32] hat das Datum des Beginns akzeptiert, während er das Ende der Prägung hcrabschraubt, weil ein etwa 150 v.Chr. vergrabener Fund[32] eine Side-Tetradrachme enthält, die kaum Abnützungsspuren zeigt. Ich selbst bin überzeugt, dass das letztgenannte Datum keineswegs das Ende der Prägung darstellt, sondern dass diese bis zur Zeit des Amyntas dauert, der im Jahre 36 in Side seinen Sitz nahm. Eine genaue Abfolge und Datierung wird sich aber erst ergeben, wenn mein geplantes Corpus der Side - Tetradrachmen vorliegt.
Der Name des Beamten, der im Jahre 190 in Side Eponym war und seinen Namen auf die Münzen setzte, war Kleuarches, auf den Münzen mit ΚΛΕ, ΚΛΕΥ oder ΚΛΕΥΧ abgekürzt. Aber die Zahl der Münzen mit diesem Beamtennamen ist so hoch und der Unterschied ihres Stiles, ihrer Technik und ihres Gewichtes so auffallend, dass cs nicht möglich sein kann, alle als gleichzeitig geprägt zu betrachten (Tafel I A-H, Tafel II I-O). Aus diesem Grunde wurden die Münzen mit Kleux seit langer Zeit in zwei verschiedenen Serien aufgeteilt: 1.) Kleux I; 2.) Kleux II[33]. Nach Regling’s Meinung, der diese Teilung zum ersten Mal vorschlug, wurde die erste Gruppe im 2. Jh. V. Chr. (Tafel I A-C), die zweite Gruppe in der zweiten Hälfte des 1. Jh. v. Chr. bzw. in der Zeit des Amyntas geprägt (Tafel II I-O). Die Münze Tafel I D, die lt. Böhringer der zweiten Gruppe angchören soll, wurde in den letzten Jahren in einem Schatzfund gehoben, dessen Vergrabungszcit Böhringer etwa in das Jahr 150 v. Chr. ansetzt. Auch der Stil und die Erhaltung lassen nicht glauben, dass die Münze vor igo geprägt wurde[34]. Die auf Tafel II I-O abgebildeten Münzen gehören der Zeit des Amyntas an, da ihre Technik, ihr Gewicht und ihr Stil übereinstimmen. Überdies stammt die Kleux-Münze O aus dem gleichen Vorderseitenstempel wie die Amyntas-Münzen auf Tafel II 1-3 und Tafel III 4-8. Letztlich sind manche von ihnen in einem in Anatolien im vorigen Jahrhundert gehobenen Schatzfund[34a] zusammen mit Amyntas-Münzen vergraben worden. Daraus ergibt sich, dass die Prägungen der Stadt Side bis in die Zeit des Amyntas herabreichen (Tafel I E-H)[35].
Die Amyntas-Tetradrachmen sind im Gegensatz zu den anderen griechischen Münzen erst sehr spät durch einen im Jahre 1845 in Kleinasien gehobenen Fund bekannt geworden (Noe, Greek Coin Hoards, Nr. 72) und wurden im gleichen Jahr durch die voneinander unabhängigen Studien von Duc de Luynes und Th. Burgon der wissenschaftlichen Welt bekannt gemacht[36]. Nach Noe 72 gehören aus dem Gesamtfund von etwa 500 Silbermünzen mindestens fünf Stücke dem König Amyntas an, während zwei Münzen Tetradrachmen der Stadt Side und damit gleichzeitig mit der Ankunft des Königs in Side sind. Die Verteilung der mir bekannt gewordenen Amyntas-Tetradrachmen in den verschiedenen Museen und Sammlungen ist sehr unterschiedlich. Während z. B. das British Museum 7 und das Berliner Kabinett 18 Examplare besitzen, fehlen sie in den Kabinetten in Istanbul, Wien, Glasgow und Boston[36a].
Die Zahl der Amyntas-Tetradrachmen, deren Bilder ich aus Abdrücken und Katalogen kenne und die ich in dem Katalog aufgenommen habe, beträgt 98 Stück*. Die Zahl der Vorderseiten der in den Jahren 37-25 v. Chr., also in 13 Jahren geprägten Münzen stellte sich auf 6 Stempel ; für die Rückseiten wurden 33 Stempel verwendet[37]. Diese Zahl ist für die kurze Zeit ziemlich beachtlich. Die Zahl der sich schneller abnutzenden Rückseitenstempcl zeigt uns aber, dass die Prägung ziemlich umfangreich gewesen sein muss. Im Durchschnitt kommen auf einen Vorderseitenstempel 6 Rückseitenstempel.
Die Abfolge der 6 Vorderseitenstempel wurde durch ihre Verbindung mit den 33 Rückscitcnstempeln ermittelt. Es sind verbunden:
Vs. 1 und Vs. 2 durch Rs. 1 und Rs. 8
Vs. 2 und Vs. 3 durch Rs. 8 und Rs. 11
Vs. 1 und Vs. 3 durch Rs. 4
Vs. 1, Vs. 2, Vs. 3 und Vs. 4 durch Rs. 8
Vs. 4 und Vs. 5 durch Rs. 19
Vs. 5 und Vs. 6 durch Rs. 22
Demgemäss können wir behaupten, dass die Amyntas-Münzen in einer einzigen Werkstatt geprägt wurden, und dass ein neuer Rückseitenstempel bereits vorhanden war, bevor der alte wegen Abnützung aus dem Verkehr gezogen wurde.
Die Vorder-und Rückseiten der Münzen Nr. 23 und 24 sind ursprünglich stempelgleich. Aber auf Nr. 24 wurden nachträglich auf dem alten Stempel auf der Vorderseite das Monogramm ΑΔ und auf der Rückseite die Buchstaben IB eingraviert; die letzteren Buchstaben sind zweifellos ein Datum, Jahr 12 = 26/25 v. Chr. Deswegen wurden auf Tafel V die beiden Abbildungen der Nr. 24 mit Ö 4 a bzw. A 17 a nummeriert.
Auf den Vorder-und Rückseiten der Amyntas-Münzen, die noch früher in anderen Städten aus Bronze geprägt wurden, sind ebenfalls verschiedene Monogramme angebracht worden, von denen einige als “König Amyntas” aufgelöst wurden (vergi. Anm. 27). Aber das Monogramm auf den Amyntas-Münzen von Side ist etwas anders als jene; der Titel und Name ist ausserdem, voll ausgeschrieben, auf der Rückseite angebracht. Daher ist es durchaus möglich, dass das Monogramm eine andere Bedeutung hat als die sich auf den ersten Blick anbietende Auflösung als Amyntas, denn es ist unwahrscheinlich, dass der König sein eigenes Monogramm auf die Vorderseite setzte, nachdem sein Königstitel und Name auf der Rückseite stehen. Die Vermutung von De Luynes in Rev. Nurn. 1845, 263, dass das Monogramm für Magydos steht, halte ich für undenkbar.
Die Zahl 12 auf der Rückseite zeigt das zwölfte Regierungjahr des Königs an. Ein Datum gibt es auch auf der einzig bekannten Silbermünze des Königs Brogitaros von Galatien, und zwar das
Jahr 6 seiner Regierung[37a]. Auf den Silber-und Bronzemünzen von Kappadokien (BMC Galatia XXXV/XXXVII, 31 ff.) und auf denen der kaiserlichen Münzen, die in Alexandria in Ägypten geprägt wurden, stehen ebenfalls Daten. Das zwölfte Regierungsjahr des Amyntas stellt sein letztes Regierungsjahr 26/25 dar und ist aus seiner Einsetzung im Jahre 36/37 durch Antonius, vor seinem persischen Kriege, zum König von Galatien zusammen mit anderen Gebieten, das östliche Pamphylien mit der Stadt Side eingeschlossen, ausrechenbar. Also wurden die Tetradrachmen Nr. 1-23 zwischen den Jahren 37/35 und 27/26 geprägt, während die Nr. 24-43 in sein letztes Regierungsjahr 26/25 fallen. Somit entfallen drei von den bekannten sechs Vordcrseitenstempcln auf das letzte Jahr seiner Regierung.
Als das östliche Pamphylien mit der Stadt Side mit Galatien vereinigt wurde, hatte Side ihre eigene Autonomie und prägte noch ihre Münzen mit ΚΛΕΥΧ II (Tafel II, I-K). Aber gleich nach der Prägung Abb. K auf Tafel II wurde zum ersten Mal bei Nike, die auf der Rückseite der seit dem Jahr 205 geprägten Tetradrachmen steht, eine bedeutsame Änderung dadurch vorgenommen, dass anstelle des Kranzes in ihrer rechten Hand ein königliches Diadem gesetzt wurde (Tafel II L). Die Beamten von Side nahmen diese Veränderung wohl deswegen vor, um dem König zu schmeicheln, nachdem sie erfahren hatten, dass ihre Stadt dem König von Galatien zugesprochen worden war. Als dann der König in die Stadt kam und sich entschloss, Side als Prägestätte für seine eigenen Münzen zu benutzen, hörte die eigene Prägung der Stadt Side auf und die Königsprägung setzte sofort ein. Die Verwendung eines bereits von der Stadt Side benutzten Vordcrseiten-Stempcls (Tafel II O) für die ersten Münzen des Königs (Tafel II 1-3; Tafel III 9, Nr. 4-8) beweist dieses Ereignis.
Die Silbertetradrachmen des Amyntas zeigen Veränderungen auf der Rückseite gegenüber den Münzen der Stadt Side. Das Symbol von Side, der Granatapfel, wurde aufgegeben und durch den Königsnamen und seinen Titel ΒΑΣΙΛΕΩΣ AMYNTOY = des Königs Amyntas ersetzt. Nike hält fortan in der rechten Hand nicht mehr den Kranz, sondern ein Schwert in Scheide (Tafel II 1-3; III 9) oder später einen Stab (Nr. 4-43), beide verbunden mit dem königlichen Diadem, wie cs bei anderen hellenistischen Königen, manchmal an ihrem Kopf, manchmal am Helm, dargestellt ist. Es ist verständlich, dass auf den Amyntas-Münzen der Göttin Nike ein Schwert in die Hand gegeben wird, ein Bezug auf die Siege des Königs, der an vielen Kriegen tcilgenommen und sein Leben in Kämpfen verbracht hatte. Das Motiv eines Schwertes in seiner Scheide, wie cs unter den Fängen eines Adlers auf der Rückseite einer Bronzemünze des Königs Deiotaros von Galatien zu sehen ist[38], ist ein Rückseitentyp der Bronzemünzen vieler Städte[39], die während der Regierung des Königs Mithridates VI Eupator von Pontos (111-63 v. Chr.) geprägt wurden.
Das Motiv des Verbündens von königlichem Diadem mit Schwert oder Stab kommt in abgewandclter Form, und zwar in Verbindung mit Füllhorn oder Doppelfüllhorn, auf anderen Münzen vor, z.B. einer Bronzemünze des Deiotaros[40], und auf den meisten Goldmünzen der Könige und Königinnen der Ptolemäerzeit in Ägypten[41]. Es ist ein Hinweis darauf, dass der gewonnene Krieg, die Fruchtbarkeit und der Reichtum des Landes den Verdiensten des betreffenden Herrschers zu verdanken sind[42].
Auf Tafel VIII, Rs. 8, ist der Kopf von Nike von einem Elephantenfell bedeckt, eine hochinteressante Darstellung. Die Griechen lernten Elephanten zum ersten Mal in der Schlacht von Gaugamela (333 v. Chr.), die zwischen Alexander d. Gr. und dem persischen Grosskönig Dareios III geschlagen wurde, kennen. Von da an wurde der Elephant einer der wichtigsten Waffen der meisten königlichen Heere in hellenistischer Zeit. Anschliessend ging seine Verbreitung nach Karthago und Rom über, wo er nicht nur in Kämpfen, sondern auch in Zirkusvorführungen verwendet wurde[43]. Man hat dann auch begonnen, den Elephanten auf Münzen abzubilden, wie es auch auf anderen Kunstwerken dieser Staaten (Triumphbögen, Fresken, Mosaiken mit einer Jagdszene, sowie Gemmen) zu sehen ist. Auf Münzen ist der Elephant sowohl als ganzes Tier order nur als Kopf dargestellt[44].
Wir treffen zum ersten Mal in Ägypten die Darstellung eines Königskopfes in einem Elephantenfell in der Zeit des Ptolemaios I (303-283). Die Silbertetradrachmen glichen hier anfangs dem Typ der Alexander-Münzen, dann aber wurde der Kopf Alexander’s zum ersten Male auf einem in das Jahr 316 datierten Tetradrachmon in einem Elephantenfell dargestellt, wohl zum Andenken an seinen Indien-Zug (Tafel VIII a)[45]. Später trägt analog auf einem doppelten Goldstater des Seleukos I Nikator (312-280), der im Osten geprägt wurde, der Kopf Alexanders ein Elephantenfell, die es in Ägypten üblich war (Tafel VIII b). Die Prägezeit der vorerwähnten Münze ist das Jahr 304. Der nächste König, dessen Kopf in den folgenden Jahren im Osten wieder auf einer Münze im Elephantenfell erscheint, ist der König Demetrius von Baktrien (Tafel VIII c)[46]. Bei ihm ist es, wie bei Alexander, wahrscheinlich ebenfalls ein Bezug auf seinen eigenen Indienfeldzug im Jahre 190.
In den westlichen Mittelmeerländern treffen wir die Darstellung eines ähnlichen Kopfes zuerst in Sizilien in der Zeit des Königs Agathokles von Syrakus (317-289)[46a]. Agathoklcs kämpfte im Jahre 310 gegen Karthago İn Afrika mit der Hilfe seines Freundes Ptolemaios I von Ägypten. Im Jahre 304 bekam er den Königstitel. Die Münze, um die es sich handelt (Tafel VIII d), ist ein Goldstatcr mit dem Gewicht von 8,45 gr., heute im Museum von Wien. Da die Münze den Königstitel noch nicht trägt, ist sic entweder in Afrika zwischen 310-307 oder in Syrakus zwischen 307-304 geprägt. Auf dieser Münze ist ein Afrika symbolisierender Frauenkopf im Elephantenfell dargestellt. Scltman’s Meinung nach ist dieser Typ den ägyptischen Silbertetradrachmen entnommen, die Ptolemaios I mit dem Alexanderkopf im Elephantenfell geprägt hat; Ägypten stand damals mit Agathoklcs in guten Beziehungen.
Anschliessend sind Afrika und Alexandria auf den Münzen der römischen Republik durch einen Frauenkopf im Elephantenfell vertreten. Alle der in dieser Zeit geprägten Münzen sind Münzen von Consuln, die mit Afrika amtlich zu tun hatten[47]. Auch die Anhänger des Pompeius, die gegen Caesar waren, schlugen ähnliche Münzen, ebenso wie cs die Mörder Caesar’s taten. Auf ihren Münzen (44-35) ist die Büste von Afrika in einem Elephantenfell zu sehen[48]. Auch in der römischen Kaiserzeit kommen Darstellungen ähnlicher Art vor. Auf einer Münze Hadrian’s (117-138), die anlässlich seiner Reise in die östlichen Provinzen geprägt wurde, ist der Besuch Ägyptens durch das wie eine Flussgöttin lagernde Afrika (Tafel VIII e) fcstgehaltcn, wobei der Kopf in einem Elephantenfell zu sehen ist, dessen Rüssel nach oben genau so erhoben ist, wie es bei der in Side geprägten Amyntas - Münze (Nr, 8) bei Nike der Fall ist[49].
Rückseite 8 ist das einzige Beispiel unter den antiken Werken mit dem Kopf der Nike in einem Elephantenfell[50]. Amyntas hatte keine Beziehung zu Afrika, sodass wir diese Kopfbedeckung nur als einen Beweis für einen gewonnenen Krieg ansehen können, in dem entweder sein Feind oder er selbst Elephanten einsetzte. Die Frage lässt sich nicht entscheiden. Als weitere Möglichkeit könnte man auch in Betracht ziehen, dass der Stcmpclschneider entweder selbst oder durch seine Vorfahren eine Beziehung zu Afrika hatte, oder dass er einfach irgendwoher, z.B. von einer Consular-Münze, den Afrikakopf[51] kopierte.
Von den Amyntas-Münzen mit Elephantenkopf gibt es nur den einen Rückseitenstempel R 8, der mit vier verschiedenen Vorderseiten verbunden ist.
Eine allgemeine Stilbetrachtung zeigt uns, dass beide Seiten der Münzen der Stadt Side den Königsmünzen des Amyntas ausser-ordentlich ähneln. Bei den Vorderseiten besteht sogar eine Stempelgleichheit. Dies alles beweist, dass nicht der geringste Zweifel darüber bestehen kann, dass die Königsmünzen in Side geprägt wurden.
Amyntas ist der vierte von den Königen, die nicht aus Side stammen, aber dort Münzen geprägt haben:
— Artumpara, Dynast von Lykien, etwa 370 v. Chr[52].
— Alexander d. Gr. (328-323).
— Sein Bruder Philippos III (323-317).
— Amyntas, König von Galatien (37/36-25).