ISSN: 0041-4255
e-ISSN: 2791-6472

Işın Demirkent

Keywords: Schlacht bei Hattin, Saladin, Geschichte, Europa

Die Nachricht der Niederlage des königlichen Heeres am 4.7.1987 in Hittîn gegen Sultan Salaheddin war in kurzer Zeit bis nach Europa durchgedrungen. Im Oktober folgte dem die Meldung von der Eroberung Jerusalems durch die Moslems. Die bedeutende Niederlage und der kurz darauf folgende Verlust der heiligen Stadt stiessen im Westen auf ein heftiges Echo.

Die Nachricht der Niederlage von Hittîn brachten genuesische Schiffsleute[1] zur europäischen Küste, von wo aus sie sich schnell über den ganzen Kontinent ausbreitete und überall grosses Entsetzen hervorrief. Im Frühherbst kam der Erzbischof von Tyrus (Sûr) Josias nach Sizilien, um Hilfe zu erbitten[2]. Zur gleichen Zeit hatten auch die Briefe der Templer und Hospitaliter, in denen sie ihre aussichtslose Lage schilderten, ihre Ordensbrüder in Europa erreicht[3].

Wilhelm II. von Sizilien verfiel, nachdem er das, was er schon als Gerücht gehört, von Bischof Josias bestätigt bekommen hatte, in tiefe Trauer. In Säcke gehüllt zog er sich 4 Tage zum Gebet zurück. Danach sandte er mehrere Briefe an befreundete Regenten in Europa und bat sie, angesichts der Katastrophe, die sich im Osten abgespielt hatte, alle ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für einen erneuten Kreuzzug zu mobilisieren. Er selbst, so betonte er, werde auf die schnellstmögliche Weise seinen Glaubensbrüdem im Osten zu Hilfe eilen. Tatsächlich verliess eine grosse sizilianische Flotte unter dem Kommando des Admirals Margaritus Sizilien und erreichte im Sommer 1188 die syrische Küste. Die Flotte konnte sowohl Tripolis (Trablus) vor der moslemischen Eroberung bewahren als auch den Städten Antakya und Sûr noch rechtzeitig zu Hilfe kommen[4]. Wilhelm II. war im Grunde der erste König, der dem Ruf Papst Gregors VIII. zum Kreuzzug gefolgt war. Wenn er nicht kurze Zeit darauf am 18.11.1189 gestorben wäre, hätte Sizilien bei der Ausstattung des dritten Kreuzzuges eine wichtige Rolle gespielt. Doch die Thronstreitigkeiten, die nach seinem Tod ausbrachen, hinderten Sizilien bis 1194 daran, eine aktive Rolle bei den Kreuzzügen zu spielen.

Bischof Josias gelangte im Oktober in Begleitung einer sizilianischen Eskorte nach Rom. Zur gleichen Zeit überbrachte eine genuesische Delegation dem Papst eine andere Nachricht: Jerusalem war von den Moslems eingenommen worden. Papst Urbanus III. war damals alt und krank. Diese Nachrichten konnte er nicht mehr verkraften; am 20 Oktober starb er vor Kummer.

Am darauffolgenden Tag, dem 21. Oktober wurde Albert von Morra vom Kardinals-Kollegium zum Papst gewählt. Gregor VIII., wie sich der neue Papst nannte, verfolgte eine, der bisherigen genau entgegengesetzt Politik. Er liess sich auf enge Beziehungen zu Kaiser Friedrich Barbarossa ein und verlor keine Zeit, die gesamte Christenheit des Westens zu einem neuen Kreuzzug zur Unterstützung der Glaubensbrüder im Osten aufzurufen. Ein mit “Audita tremendi”[5] betiteltes Rundschreiben ging an alle Fürstenhöfe und forderte die Herrscher auf, so schnell als möglich zu einem neuen Kreuzzug aufzubrechen. Es gibt drei Versionen dieses Rundschreibens. Die ersten beiden trugen das Datum 29. Oktober und 3. November, auch die dritte wurde in diesen Tagen verfasst und nach Deutschland geschickt. In dem Schreiben hiess es, es sei der Wille Gottes, das heilige Land wieder unter christliche Herrschaft zu bekommen; für jeden der seine Sünden bereut und Busse tun wolle, sei es eine Pflicht, sich dem Kreuzzug anzuschliessen. Auf diese Weise wurde der Beginn des Kreuzzuges verkündet.

Kardinal Heinrich von Albano, der von Papst Gregor VIII. beauftragt worden war, Frankreich und Deutschland für den Kreuzzug zu gewinnen, schickte zwei päpstliche Gesandte nach Strassburg, wo sie am 1.12.1187 vor der Kammer Kaiser Barbarossas sprachen und über die aussichtslose Situation der Christen im Osten Berichteten[6]. Sie konnten jedoch keinen allzugrossen Eindruck bei ihren Zuhörern erwecken. Auch die Rede des Strassburger Bischofs Heinrich verfehlte ihren Eindruck. Die Schwierigkeiten, Entbehrungen und Niederlagen des zweiten Kreuzzuges waren noch allzudeutlich in Erinnerung. Diese Erinnerungen wurden angesichts der Reden nur noch lebendiger. Keiner legte Wert darauf, in der glühenden Hitze der W’üste zu verdursten oder auf dem Sklavenmarkt verkauft zu werden. Als sich jedoch ein Ritter fand, der erklärte, an dem geplanten Kreuzzug teilzunehmen, da liessen sich einige andere von seiner Begeisterung anstecken; ihr Enthusiasmus breitete sich bis auf die Volksmassen aus. Doch Kaiser Friedrich war immer noch unentschlossen. Trotz seines fortgeschrittenen Alters empfand er den Wunsch und die Begeisterung für den Kreuzzug. Doch in seinem eigenen Land war eine Stabilität noch keineswegs garantiert. Die Reibereien mit dem Vatikan hatten sich mit dem Tod Urbans gelegt, doch die andauernden Streitigkeiten mit dem Kölner Bischof Philipp bedrohten den Frieden im Lande.

Kurz nach der Strassburger Versammlung, im Dezember 1187, trafen sich der Kaiser und der französische König Philippe Auguste in Lothringen in Mouzon, um ein im Mai besprochenens Freundschaftsabkommen zu besprechen[7]. An diesem Treffen nahm auch Kardinal Heinrich von Albano teil. Es gelang ihm, die beiden Herrscher zu einer Teilnahme an dem Kreuzzug zu bewegen. Der deutsche Kaiser versuchte den französischen Verbündeten zum Aufbruch ins heilige Land zu überreden und bot ihm sogar an, für die Ausgaben seiner Soldaten aufzukommen. Doch der französische König Philippe Auguste blieb bei seiner Ablehnung. Solange sich der englische König Henry II, mit dem er Krieg führte, in seinem Land befand, wollte auch er das Land nicht verlassen. Daraufhin beschlossen sie, auch Henry II. zu einer Teilnahme an dem Kreuzzug zu bewegen.

Gregor VIII. starb am 17.12.1187, noch während der ersten Vorbereitungen für den dritten Kreuzzug. Seine Amtszeit als Papst hatte nur zwei Monate gedauert. Die Kardinale, die sich zwei Tage darauf versammelten, wählten den Erzbischof von Palestrina Kardinal Paulus zum Papst der sich Clemens III. nannte.

Papst Clemens setzte die freundschaftlichen Beziehungen zum deutschen Kaiser, der mittlerweile mit echter Begeisterung von dem neuen Kreuzzug sprach, fort. Der Kaiser hatte noch im Dezember 1187 dem französischen König die Nachricht von einer Versammlung der Kammer am 27.3.1188 in Mainz, mit der die Vorbereitungen des Kreuzzuges begonnen werden solken, übermittelt[8]. Diese Versammlung wurde vom Volksmund schon vor ihrer Durchführung als “Hoftag Jesu Christi” bezeichnet. Dort wurde dem Kaiser, der endlich zu einer Einigung mit der Kirche gelangt war, endgültig grünes Licht zu dem Kreuzzug gegeben. Als symbolische Geste liess Kaiser Friedrich auf dieser Versammlung den Platz des Vorsitzenden unbesetzt. Kardinal Heinrich von Albano nahm persönlich an der Versammlung teil und wiederholte dort den Aufruf des Papstes. Die mitreissende Rede des Würzburger Bischofs Gottfried verfehlte ihren Eindruck nicht und versetzte alle Anwesenden in grosse Begeisterung. Der Kaiser empfing das Kreuz aus den Händen Kardinal Heinrichs und schwor, ein grosses Heer in den Osten zu führen und das heilige Grab Jesu aus den Händen der Moslems zurückzuerobem. Tausende Teilnehmer der Versammlung nahmen das Kreuz zusammen mit dem Kaiser in Emfang. Es wurde beschlossen, alle nötigen Vorbereitungen innerhalb eines Jahres zu treffen und am 23.4.1189, dem St. Georgstag in Regensburg aufzubrechen.

Allerdings bestand nun, wie auch bei dem ersten und zweiten Kreuzzug die Gefahr von Übergriffen gegen die Juden. Die Mainzer Juden hatten schon um einer solchen Entwicklung vorzugreifen, vorsorglich die Stadt verlassen, ehe die Versammlung begonnen hatte. Der Kaiser erklärte in einem Dekret am 29.3.1188: “Wer einen Juden berührt oder verwundet, dem wird die Hand abgeschlagen, wer einen Juden tötet, wird auch getötet.” Der Mainzer Bischof Konrad warnte auf die gleiche Weise: “Wer auch immer gegen einen Juden die Hand erhebt, wird verdammt sein und der Kreuzzug wird ihm nicht als persönliche Busse angerechnet werden.”

Die Zeit bis zum Aufbruch der Kreuzritterheere von Regensburg verbrachte der Kaiser mit Vorbereitungen und diplomatischen Aktivitäten. Während seiner Abwesenheit sollte sein ältester Sohn Heinrich das Land regieren. Der grösste Gegner des Kaisers Herzog Heinrich der Löwe von Sachsen, musste zwischen der Teilnahme am Kreuzzug und der Verbannung nach England wählen. Er entschied sich für die Verbannung. Nach langen Überlegungen entschied man sich für die sicherere Landroute für die riesigen Kreuzritterheere. Der Kaiser entsandte Botschafter an die Herrscher der Länder, durch die Heere ziehen würden, also den König von Ungarn, den Regenten von Serbien, den Kaiser von Byzanz und den seldschukischen Sultan, die einen friedlichen Durchzug durch diese Länder garantieren sollten[9]. Ausserdem sandte er dem Sultan Salaheddin durch Heinrich von Dietz und seiner Delegation ein Ultimatum. Wenn er das heilige Land nicht freiwillig räume, so hiess es darin, werde innerhalb eines Jahres Krieg ausbrechen. Die Antwort des Sultans war höflich aber ohne einen Anflug von Furcht. Er liess sich lediglich darauf ein, die fränkischen Gefangenen freizuiassen und die lateinischen Klöster in Palästina zurückzugeben. Auf weitere Bedingungen ging er in keiner Weise ein. Sollte sein Vorschlag zurückgewiesen werden, so sei er zum Krieg bereit, hiess es in seiner Antwort[10].

Im Frühjahr 1188 war in Europa das Kreuzfahrergeist wiedererwacht und die Kriegsvorbereitungen im vollen Laufe. Mittlerweile hatte sich Bischof Josias von Tyrus von Rom nach Norden aufgemacht, um mit den Königen von Frankreich und England zusammenzutreffen. Wie aus den Quellen zu entnehmen ist, traf er die beiden Könige am 22.1.1188 im normandischen Gisors, wo sie sich in Verhandlungen um einen Waffenstillstand befanden, der den dauernden Krieg zwischen den beiden Ländern beenden sollte[11]. An den Verhandlungen nahmen äusser dem Vassalen des französischen Königs, dem Graf von Flandern, noch eine ganze Reihe von Adeligen und Kirchenmännem teil. Beide Könige waren über den Kreuzzug und die Entwicklungen im Osten durchaus informiert[12]. König Henry hatte zwei Briefe von dem Patriarchen von Antakya Aimery und dem Templerritter Terence bekommen, in denen sie ihre heikle Lage geschildert und um Hilfe gebeten hatten. Ausserdem hatte der Botschafter des Erzbischofs von Canterbury im Vatikan dem englischen König Henry mitgeteilt, dass der Papst einen Kreuzzug durchzuführen gedenke[13]. Weiterhin hatte Papst Gregor VIII. Heinrich, den Kardinal von Albano, persönlich nach Frankreich geschickt, um zum Kreuzzug aufzurufen. Doch beide Könige hatten bis zu diesem Zeitpunkt keine grosse Bereitschaft gezeigt, das Terrain praktisch dem Gegner zu überlassen und sich auf eine so weite Reise zu begeben. Doch Josias beschrieb die Zustände im heiligen Land auf eine so eindrucksvolle Weise, dass beide sich für den Kreuzzug entschieden und ihre Teilnahme versprachen. Der Graf von Flandern sowie eine grosse Zahl der dort befindlichen Ritter, Adeligen und Kirchenmänner folgten ihrem Beispiel und legten gleichfalls den Kreuzfahrereid ab. Die beiden Könige schlossen für die Dauer des Kreuzzuges einen Nichtangriffspakt. Da sich keine der beiden Seiten auf die andere verlassen wollte, wurde beschlossen, dass beide Heere gemeinsam aufbrechen würden. König Henry begab sich am Ende des Monats nach Le Mans und erhob dort die “Saladins zehnte” (Saladin Steuer), mit der Kreuzzug finanziert werden sollte. Alle Untertanen des Königs hatten 10 Prozent ihres Einkommens für den Kreuzzug zu zahlen. Während der Bischof Baldwin von Canterbury und die anderen Geistlichen überall im Land feurige Predigten hielten und die Steuer eintrieben, kehrte König Henry nach England zurück, um dort die Vorbereitungen zu vervollständigen. Der englische König schrieb an die Kaiser von Deutschland und Byzanz, sowie an den ungarischen König, dass er sich zur Rettungs Jerusalems aufzubrechen gedenke und er bat freien Durchzug durch ihre Länder; gleichzeitig benachrichtigte er den Patriarchen von Antakya von seinem Entschluss, den Ostfranken so schnell wie möglich zur Hilfe zu eilen[14].

Während König Henry den religiösen Feldzug vorbereitete, kam es zu einem Aufstand einiger Vassalen gegen seinen Sohn Graf Richard von Poitou. Richard konnte diesen Aufstand schnell niederschlagen, aber im Juni 1188 brach ein Krieg mit seinem Nachbarn Graf Raymond von Toulouse aus. Das widerum hatte die Beteiligung des französischen König Philippe Auguste an dieser Auseinandersetzung zur Folge. Der Krieg war also, nach einer sehr kurzen Pause, von neuem ausgebrochen und hielt den ganzen Sommer und Herbst 1188 an. Papst Clemens III. sandte erneut Kardinal Heinrich nach Frankreich, um zwischen den beiden Herrschern zu vermitteln. Im Herbst ti88 legten beide Seiten die Waffen nieder und trafen sich bei Bonmoulins zu Verhandlungen. Doch auch dieser Frieden hielt nicht lange an. Richard, der häufig Meinungsverschiedenheiten mit seinem Vater hatte, überfiel, diesmal zusammen mit dem französischen König, das Territorium seines Vaters. Der Papst ging daraufhin gegen beide vor: Richard wurde mit Exkommunikation, Frankreich mit Interdictum angedroht, sollte zu keiner grundsätzlichen Einigung zwischen den Königen kommen[15].

Die Friedensappelle des Papstes wurden von anderen Kirchenmännern unterstützt. Viele Geistliche beschuldigten in ihren Reden und schriftlichen Erklärungen diejenigen, die durch Streitereien den Aufbruch ins heilige Land und damit die Hilfe für ihre Glaubensbrüder im Osten verzögerten, aufs Härteste. In einem feurigen Aufruf zum dritten Kreuzzug schreibt Peter von Blois, diejenigen, die Streit und Tod vorziehen, obwohl Gott ihnen den Weg zu Frieden und Befreiung gezeigt hatte und die den Kreuzzug vernachlässigen um ein vergängliches Königreich zu gewinnen, niemals in das Königreich Gottes eingehen könnten. Gerald von Wales beschreibt in seinem Werke, das im Juli 1189 verfasst wurde, die begeisterten Vorbereitungen für den Kreuzzug, er vergisst aber auch nicht, die Enttäuschung darüber zu erwähnen, dass sich der Aufbruch durch die Unstimmigkeiten zwischen Henry, Philippe und Richard verzögert wurde und ruft alle drei auf, sich Kaiser Friedrich zum Vorbild zu nehmen[16].

Neben den Kirchenmännem besangen auch zahlreiche Sänger und Dichter die Niederlage in Hıttîn und den Verlust Jerusalems in Klageliedern; auch sie beschuldigten die Könige aufs schwerste, eigentlich sei die Verzögerung, die sie hervorgerufen hatten, ein Zeichen ihres Unwillens.

Heinrich, Kardinal von Albano, starb im Frühjahr 1189. Der Papst schickte Johannes, den Kardinal von Anagni, als Vermittler zwischen den beiden Königen. Doch alle Versuche blieben vergeblich. Philippe und Richard führten den Krieg gegen Henry bis zu dessen Tod am 6. Juli. 1189 in Chinon mit Erfolg weiter. Mit Henrys Tod änderte sich die Situation; Richard schloss ein Abkommen mit Philippe und kehrte nach England zurück, wo er am 3. September gekrönt wurde[17].

Im November 1189 schickte Philippe den Grafen von Perche, Rothrud, nach England, um die Nachricht zu überbringen, er selbst und seine Barone hätten beschlossen, sich am 1. April in Vézélay zu versammeln und zum Kreuzzug aufzubrechen. Richard hatte den Kreuzfahrereid schon vor Philippe und seinem Vater im November 1187 geschworen und war entschlossen, ihn einzuhalten. Deshalb nahm er die Aufforderung von Philippe ohne Zögern an. Am 30. Dezember trafen sich die beiden Könige zu letzten Vorbereitungen in Nonancourt. In einem offiziellen Schreiben erklärten sie, ins heilige Land aufzubrechen. Darin war auch festgelegt, dass sie während der Dauer des Kreuzzuges Frieden halten und den Zug im gegenseitigen Einvernehmen durchführen würden. Alle Kreuzritter der beiden Länder würden sich ihnen anschliessen, sofern sie nicht einen sehr triftigen Grund zu ihrer Entschuldigung anzugeben hatten. Das Eigentum der Kreuzritter stand unter einem besonderen Schutz. Doch das Aufbruchsdatum musste noch einmal verschoben werden und die beiden Könige konnten erst am 4. Juli von Vézélay losziehen[18].

Seit dem Sieg von Hıttîn waren genau drei Jahre vergangen. Ein weiteres Jahr würde es noch dauern, bis die Heere aus Frankreich und England ihre Glaubensbrüder im Osten erreicht haben würden. Kaiser Friedrich, der im Mai 1189 mit grosser Begeisterung loszog, war noch bevor sich die englisch-französischen Heere auf den Weg gemacht hatten, am 10. Juni in Anatolien im Fluss Silifke ertrunken, sein Heer nach seinem Tod auseinandergefallen und die Christen des Outremer waren in ihren Hoffnungen wieder einmal enttäuscht.

Doch sie blieben nicht völlig ohne Unterstützung. Die schon erwähnte sizilianische Flotte (70 Schiffstark) hatte Tyrus und Tripolis gerettet, eine Flotteneinheit aus Pisa unter der Leitung des Bischofs Ubaldo, sowie die Flotten aus Genua, Pisa, Venedig und eine 500 Schiffstarke dänisch-flämische Flotte waren nacheinander an der syrischen Küste eingelaufen und hatten die Ostfranken unterstützt[19]. Auch im August 1189 war es eine Flotte aus Pisa, die dem König von Jerusalem Guy de Lusignan bei seinem Marsch nach Akkä zur Hilfe kam. Die Flotten brachte vor allem auch Lebensmittel mit, nach denen im Osten der grösste Bedarf bestand. Ausserdem handelte es sich bei den gesamten SchifTsbesatzungen um ausgezeichnete Krieger. Das Königreich Jerusalem hatte sich von jeher auf die italienische Seestreitkräfte verlassen. Auch zu dem gegebenen Zeitpunkt war es nur diesen Kräften zu verdanken, dass nach dem Krieg von Hıttîn die palästinensische und syrische Küste gehalten werden konnten.

Eine Anzahl Adeliger, wie z.B. Henri Graf von Champagne, Robert Graf von Dreux, Theobald Graf von Blois und Stephan Graf von Sancerre, hatten ausserdem den Aufbruch des englischen und französischen Heeres nicht abgewartet und waren mit ihren eigenen Kontingenten schon im September 1189 vor Akkä eingetroffen.[20]. Die Hilfe von Seiten dieser Streitkräfte ist nicht zu unterschätzen. Trotz allem ist es nur logisch, dass die Ostfranken dennoch nichts gegen Sultan Salaheddin aus richten konnten. Die Einnahme von Akkä nach langen und zähen Kämpfen und die Tatsache, dass der Küstenstreifen zwischen Akkä und Jaffa gehalten werden konnte, ist vor allem dem Eingreifen König Ri-chards zu verdanken.

Doch es war das erklärte Ziel des dritten Kreuzzuges, das heilige Land zu befreien und Jerusalem wiederzugewinnen. Der Kreuzzug konnte dies nicht verwirklichen. Alle Bemühungen des Westens waren vergebens und der Kreuzzug, der bis zum Herbst 1192 andauerte, blieb erfolglos. Die Niederlage stiess im Westen auf heftige Reaktionen. Die Könige Richard und Philippe, die geschworen hatten, das heilige Land zurückzuerobem, mussten sich schwere Kritiken und Anschuldigungen gefallen lassen. Die Niederlage und die Unfähigkeit, Jerusalem zurückzuerobern, wurde von christlicher Seite als die Folge der eigenen Sünden angesehen. Die Christen hätten sich auf den Weg gemacht, ohne wirklich zuglauben und echte Reue zu empfinden. Durch ihre Sünden und ihren Lebenswandel sei der Zorn Gottes auf sie herabgekommen. Der Verlust des heiligen Landes sei also eine Strafe Gottes. Salaheddin sei somit ein Werkzeug, durch das Gott seine Rache verwirklichte. Das Kreuzritterabzeichen reiche noch nicht, um Gottes Vergebung zu erhalten.

Die Niederlage der Kreuzzüge hinterliess soviel Trauer und Zorn, dass ein Mönch sogar Gott selber beschuldigte, er habe in Bezug auf den Sieg der Moslems ein Auge zugedrückt und sei im Grunde mit ihrem Sieg einverstanden[21].

* Erweiterter und mit Noten versehrter Text des Vortrages, welcher in Kairo am 8.III. 1988, anlässlich des Kongresses für das “800.e Jahrestag der Schlacht Hittîn" gehalten wurde.

Footnotes

  1. Vgl. Heyd, W., Yakın-Doğu Ticaret Tarihi, türk. Übers. Karal, E.Z., Ankara 1975, S-344
  2. Siehe Estoire d'Eracles Empereur, R.H.C. Occ.,II, S.III f.; Runciman, St., Haçlı Seferleri Tarihi, türk.Übers. Işıltan, F., Ankara 1987, III, S.4.
  3. Benedict of Peterborough, Gesta Regis Henrici Secundi, ed. Stubbs, W., Rolls Series 49, II, S. 13; Ansbert, Historia de Expeditione Fridena Imperatons, ed.Chroust, A., M.G.H. Ss., Neue Serie V, Berlin 1928, S.2 ff.
  4. Estoire d'Eracles Empereur, R.H.C. Occ.,II, S. 119 ff.; Benedict, Getto, 11, S. 54, 132 f.; Ibn al-Asir, al-Kâmil fi’l-Ta'rih, ed. Tornberg, C. J.. Lugduni Batavorum 1851-1876, XII, S. 3-5, 14; Abu Şama, Kitâb al-Ravdatayn fi Ahbâr al-Davlatayn al-Nuriya va’l-Salâhiya, Kairo h. 1287-88, II, S. 119 ff.
  5. Text des Rundschreibens: Ansbert, Historia de Expeditione, V, S. 6-10. Vgl. Riley- Smith. The Crusades, Idea and Reality 1095-1274, S. 63 ff.; Johnson, E.N., The Crusades of Frederick Barbarossa and Henry VI, A History of the Crusades, 11, 1969^2, S. 89.
  6. Vgl. Hiller, H., Friedrich Barbarossa und seine Zeit, München 1977, S. 394.
  7. Ebendort, S. 395.
  8. Weiteres über diesen Reichstag: Ansbert, Historia de Expeditione, V, S. 12 f.; Vgl. Johnson, The Crusades of Frederick Barbarossa, S. 89; Hiller, Friedrich Barbarossa und seine Zeit, S. 397 f.
  9. An den seldschukischen Sultan Kılıç Arslan II. wurde Godefroi von Wiesenbach als Gesandter geschickt. Vgl. Johnson, The Crusades of Frederick Barbarossa, S. 91. Johnson bemerkt. nach einem deutschen Bericht, freilich ohne Quelle zu benennen, dass Kılıç Arslan II. an Friedrich Barbarossa eine grosse Gesandtschaft, bestehend aus 1000 Teilnehmern, darunter 500 Reiter, gesandt und durch diese Gesandtschaft dem deutschen Kaiser Freifahrt durch seldschukisches Territorium zugesagt hätte. Das scheint mir sehr zweifelhaft.
  10. Weitere Informationen über Briefwechsel zwischen Sultan Salaheddin und Friedrich Barbarossa siehe Röhricht, R., Zur Geschichte der Kreuzüge, Neues Archiv der Gesellschaft für altere deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters, II (1985), S. 571-579; Mayer, H.E., Der Brief Kaiser Friedrichs I. an Saladin vom Jahre 1188, Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 14, Köln 1958, S.488-494.
  11. Benedict, Gesta, II, S.30; Radulph of Diceto, Opera Historica, ed. Stubbs, W., Rolls Senes 68, II, S.50 f.; Rigord, Gesta Philippi Augusti, ed.Delaborde, H.F., Paris 1882, S. 83. Vgl. Runciman, Haçlı Seferleri Tarihi, türk. Übers. Işıltan, III, S.5.; Painter, S., The Third Crusade: Richard the Lionhearted and Philip Augustus, A History of the Crusades, II, 1969^2, S.47; Siberry, E., Criticism of Crusading 1095-1274, Oxford 1985, S. 52.
  12. Benedict, Gesta, II, S. 36 ff.; vgl. Runciman, Haçlı Seferleri Tarihi, türk. Übers. Işıltan, III, S.5.
  13. Vgl. Siberry, Ebendort, S. 54.
  14. Benedict, Gesta, II, S. 29 ff.; Radulph of Diceto, Opera Historia, II, S. 51 ff.; vgl. Painter, The Third Crusade, S. 47; Runciman, Haçlı Seferleri Tarihi, türk.Übers. Işıltan, III, S. 6.
  15. Benedict, Gesta, II, S. 51, 61, 66 f.; Roger of Hovedan, Chronica, ed. Stubbs, W., Rolls Series 51, II, S. 354 f., 362 f.
  16. Gerald of Wales, Expugnatio Hibernia, Opera, ed. Brewer, S.J., Rolls Series 21, VI, S. 307 f.
  17. Vgl. Painter, The Third Crusade, S. 49; Runciman, Haçlı Seferleri Tarihi, türk. Übers. Işıltan, III, S. 6 f.
  18. Benedict, Gesta, II, S. 92 f., 104 f.; Radulph of Diceto, Opera Historica, II, S. 50, 73 f.; Roger of Hovedan, Chronica, III, S. 19, 30 f.; vgl. Painter, The Third Crusade, s.49.
  19. Benedict, Gesta, II, S. 175 f., 180; Ibn al-Asir, al-Kâmil, XII, S. 17, 22; Abu Şama, al-Ravdatayn, II, S. 119 ff.; vgl. Röhricht, R.. Geschichte des Königreichs Jerusalem (1100-1291), Innsbruck 1898, II, S.490; Heyd, Yakın-doğu Ticaret Tarihi, türk. Übers. Karal, S. 344 f.; Runciman, Haçlı Seferleri Tarihi, türk. Übers. Işdtan, III, S.8 f.
  20. Die Zahl dieser Adeligen, die auf ihre Rechnung als getrennte Gruppen in Outremer angekommen waren, bevor die englische und französische Könige sich auf den Weg machten, ist ziemlich gross. Vgl. Röhricht, Geschichte des Königreichs Jerusalem (1100-1291), S. 503 f.
  21. Vgl. Sibeiry, Criticism of Crusading 1095-1274, S. 193, 21 (“L’autrier fui en paradis“ Les Poésies du Moine de Montaudan, ed. Routledge, M.J., Montpellier 1977, S. 105 f.).